In den letzten Tagen wurden im Potsdamer Freifunk-Netz ein paar Änderungen vorgenommen, die möglicherweise zu Problemen für einige Nutzer führen können.
Zunächst ein paar Hintergrundinformationen. Freifunk wird von Freiwilligen ermöglicht. Menschen, die Ihre Freizeit und Ihre Bandbreite einem guten Zweck spenden. Freifunk wird von vielen Menschen genutzt und eine kleine Minderheit der Nutzer verwendet meist aus Unwissenheit Filesharing-Programme im Freifunk-Netz. Also Kazaa, eMule, BitTorrent ect. Aus technischer Sicht ist uns relativ egal, was die Leute durch das Netz routen. Streng genommen, geht es uns auch gar nichts an. Unsere Mission ist eine Internetgrundversorgung, die Inhalte der Anwender wollen und dürfen wir nicht einsehen (Stichwort Deep Packet Inspection, Datenschutz, Netzneutralität).
Aus rechtlicher Sicht sind leider die Freifunker, die Ihren DSL-Anschluss für den Freifunk zur Verfügung stellen, für eventuelle Filesharing-Aktivitäten haftbar. Um diese Leute zu schützen, blockieren wir seit jeher Filesharing. Das widerspricht zwar dem “Frei” in Freifunk, ist aber leider in Deutschland notwendig, um trotz offenem WLAN ruhig schlafen zu können und (vor allem!) andere Leute ebenfalls ruhigen Gewissens zu Freifunkern zu machen.
Filesharing zu blockieren wird aber immer schwieriger. Die einfach Blockade von bestimmten Ports hilft schon lange nicht mehr. Neue Protokolle wollen analysiert werden, damit die Filter darauf ansprechen, manche Protokolle sind verschlüsselt und entziehen sich einer effektiven Filterung. Aus diesem Grund ist seit dem Wochenende ein relativ generischer Ansatz aktiv.
Der Vorteil der Methode ist, dass er bei allen Filesharing-Applikationen gleich gut funtioniert. Ausserdem bekommt der Benutzer einen Hinweis, dass er sich falsch verhalten hat. Wir hatten in der Vergangenheit immer das Problem die Verursacher auf das Fehlverhalten ihrer Software hinzuweisen.
Der Filter analysiert die Anzahl der Verbindungen und wenn ein bestimmter Schwellwert erreicht ist, wird der verursachende Rechner komplett blockiert. Der Benutzer sieht dann nur noch folgenden Screen:
Der entscheidende Nachteil dieser Methode: Skype-Nutzer können die Sperre leicht auslösen — sie trifft also auch “Unschuldige”. Dazu muss man wissen, dass sich Skype wie ein Filesharing-Programm verhält. Kein Wunder, es kommt von den Kazaa-Erfindern. Skype baut viele Verbindungen zu sehr vielen Gegenstellen auf und leitet Datenverkehr von anderen Skype-Nutzern weiter. Selbst wenn Dein Computer nichts macht, kann Skype im Hintergrund viel Datenverkehr verursachen.
Wenn Du also Skype im Freifunk-Netz benutzt, kann es sein, dass Du plötzlich die Zapp-Seite im Browser siehst. Du hast jetzt folgende Möglichkeiten:
- Skype abschalten. Dann wirst Du zumindest nicht aus heiterem Himmel blockiert. Leider bist Du dann nicht mehr erreichbar und kannst nicht mehr telefonieren.
- Skype bändigen. Dafür gibt es auf jedem Router eine Informationsseite, die erklärt, wie man Skype zwingt, sich anständig zu benehmen. Bitte versuche zunächst die verlinkte Registry-Datei zu installieren. Wenn Du damit Probleme hast, helfen wir Dir gerne beim nächsten Freifunk-Treffen weiter.
Wir hoffen, dass mit dieser Maßnahme ein guter Kompromiss zwischen dem Wunsch nach uneingeschränkter Kommunikation und dem Bedürfnis der Rechtssicherheit erreicht wurde. Eure Meinung zu dem Thema interessiert uns natürlich, deswegen freuen wir uns immer über Feedback. Sei es unter diesem Artikel, im Forum oder von Angesicht zu Angesicht beim Freifunk-Treffen.
Bitte, dass nun Folgende nicht als Beleidigung auffasen, ich kann eure Entscheidung verstehen, doch nun zum Kommentar.
Wenn man eurer Argumentation in diesem Artikel folgt, muesstet ihr dann nicht theoretisch auch hacking, fraud und die Verbreitung sowie Beschaffung von Kinderpornos (Totschlagargument) verhindern um den Anschlussinhaber nicht in Gefahr zu bringen?
Da sieht man doch mal wie schnell die Grenze zur Zensur ueberschritten ist, siehe Debatte und Diskussionen ueber die Netzsperre (Stoppschild).
Das sind natuerlich nicht alle Dinge die zu eventuellen Konsequenzen fuer den Inhaber fuehren koennen, auch ist es ja nicht so, dass Peer to Peer Filesharing die einzige Moeglichkeit waere an illegal “raub“kopierte Inhalte zu gelangen (one click hoster, http/ftp server/dumps etc…).
Genausogut wie jemand ein Filesharing Programm illegal nutzen _kann_, kann er z.B. auch in einem Polizeiforum jemanden beleidigen, etc.
Es gibt sehr viele Moeglichkeiten des Missbrauchs.
Darueber hinaus, verhindert ihr durch diese “Praevention”, von mir auch liebevoll Zensur genannt, nicht grade, dass es zu einem eindeutigem Gerichtsentscheid zur Stoererhaftung oder Haftung fuer den Anschlussinhaber kommt im Falle von Freifunk kommt?
In der jetzigen Situation muessten die partizipierenden Anschlussinhaber theoretisch immer unruhig Schlafen, ganz einfach weil es ausser illegalem Peer To Peer (gibt auch legale Inhalte darueber), wie oben angedeutet, noch ETLICHES anderes gibt, wofuer sie Ihren Kopf hinhalten muessten.
“Da wo Licht ist ist auch Schatten”
Der Wiederspruch ist offensichtlich:
“Das Frei in Freifunk hat den Sinn von grenzenlos, _uneingeschränkt_, schützenswert […]” (von der AboutFreifunk Seite).
Das ist ein Konflikt, der geloest werden will !!!
Trotzdem kann ich es wie am Anfang schon gesagt, nachvollziehen, dass ihr euch so entschieden habt, in Anbetracht der jetzigen Rechtssituation, womit ich dass aber nicht gutheisse.
— mein persoenlicher Senf —
— mfg,
Max.
Danke erstmal für Dein Feedback. Du wirfst hier sehr viele Begriffe in den Raum, die wir erstmal auseinander sortieren müssen.
1) Wir möchten Anschlussinhaber vor Massenabmahnungen schützen. Das ist die reale Gefahr im Moment. Abmahnungen sind ein sehr gutes Geschäft für Fimen, die sich darauf spezialisiert haben. Diese scannen mit modifizierten P2P-Clients das Netz und es genügt schon ein einziges Datenpaket mit der Hash-Summe eines Musikstückes / Filmes um eine Abmahnung zu erhalten.
Unabhängig davon, wie wenig gerechtfertigt die Abmahnung ist und ob man eventuelle Forderungen berappen muss, verursacht die Abmahnung erstmal einen Haufen Ärger und Stress. Das möchten wir gerne vermeiden. Allein aus diesem Grund ist der Zapp-Filter aktiv.
Mir ist übrigens kein Fall aus Deutschland bekannt, in dem jemand von einem *Gericht* für Filesharing belangt wurde.
2) “Es gibt sehr viele Moeglichkeiten des Missbrauchs.” Das ist richtig, aber Du übersiehst hier einen entscheidenden Punkt: Zivilrecht vs. Strafrecht. Bei Straftaten gilt die Unschuldsvermutung. Hier muss dem Anschlussinhaber die Tat nachgewiesen werden.
3) Störerhaftung: nein, wir verhindern mit unserem Verhalten keinen Gerichtsentscheid. Möchtest Du der jenige sein, der dieses Grundsatzurteil erkämpft? Nur zu, unsere Unterstützung hast Du.
4) “Zensur”: wir filtern keine Inhalte sondern störendes Verhalten. Wenn also Dein Computer innerhalb ein paar Sekunden 100 Verbindungen zu 100 verschiedenen Gegenstellen aufmacht, ist das etwas, das wir als störend empfinden. Wenn Dein Computer 24 Stunden pro Tag per http Downloads tätigt, freuen wir uns darüber, dass Freifunk so gut genutzt wird.
Darüber hinaus sind wir für konkrete, konstruktive Vorschläge offen, wie wir es besser machen können. Mit Polemik bekommen wir keine Bytes durch die Luft.